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Tulpenfestival Amsterdam

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Januar 26, 2022

Tulpen Niederlande – die Geschichte der Blume ist fast eine Chronik der Nation

Das Tulpenfestival Amsterdam lockt die Massen, denn bereits der auf persische („delband“) bzw. türkische („tülbend“) Ursprünge zurückgehende Name dieser für die Niederlande so typischen und weit verbreiteten Pflanzengattung aus der Familie der Lilien ist bezaubernd poetisch, denn er bedeutet „Geliebte/r“. In der Tat sind „Tulipa“ aller Farben und Formen in unserem westlichen Nachbarland schon seit Mitte des 16. Jahrhunderts derart allgegenwärtig, dass man Tulpen guten Gewissens als die heiß und innig geliebte sowie fast überall gepflanzte niederländische Nationalblume bezeichnen kann. Dabei verlief die Geschichte der Tulpen Niederlande bei Weitem nicht so problemlos, wie es angesichts der heutzutage häufig bis zum Horizont reichenden niederländischen Tulpenfelder den Anschein haben könnte. Zwar markierte die Ankunft einer Schiffsladung Tulpenzwiebeln im damals flämischen bzw. holländischen Antwerpen 1562 sowie deren ab mindestens 1593 dokumentierter Anbau im „Hortus Botanicus“ in Leiden als einem der ältesten botanischen Gärten des Landes Anfang und Beginn der europäischen Tulpenzucht. Aber nur wenige Jahrzehnte später führte der seinerzeit schon schwunghafte Handel mit Blumenzwiebeln in Holland zwischen 1634 sowie 1637 zu einer geplatzten Spekulationsblase, die in den Niederlanden noch immer als Tulpenmanie oder Tulpenwahn bekannt ist und unter Ökonomen als erstes historisches Beispiel für einen gut belegten Wirtschaftscrash gilt.

Schier grenzenlose Gier und zwielichtige Geschäfte gefährdeten die Tulpentradition

Zum Verständnis dieses aus heutiger Sicht vielleicht schwer nachvollziehbaren damaligen Phänomens in den Niederlanden müssen die atmosphärischen Begleiterscheinungen des „Gouden Eeuw“ (Goldene Zeitalter) während des 17. Jahrhunderts berücksichtigt werden. Das Ende des achtzigjährigen Krieges gegen Spanien 1579, die anschließende Gründung der Republik der vereinigten Niederlande 1581 sowie der Aufstieg Amsterdams zu einem der wichtigsten Seehandelshäfen Europas hatte in recht kurzer Zeit zu großem Wohlstand und damit auch Nachfrage nach Luxusgütern aller Art beim reich gewordenen Bürgertum geführt. Tulpen als anspruchsvolle, dekorative, exklusive, exotische und neuartige Blumen waren unter Adligen, Advokaten, Apothekern, Ärzten und anderen Gelehrten eine populäre Liebhaberei, wurden von bedeutenden Malern der Epoche oft in Stillleben verewigt sowie in Kunst- und Raritätenkabinetten als seltene Attraktionen auch für das „gemeine Volk“ oft ausgestellt. Zunächst tauschten die meisten Hobbygärtner und Züchter ihre als besonders wertvoll sowie ertragreich erachteten Blumenzwiebeln („bolle“) unentgeltlich untereinander, doch bald witterten zweifelhafte Geschäftemacher traumhafte Gewinnmöglichkeiten. Die in Aussicht stehenden exorbitanten Profite trieben die Preise schnell in schwindelerregende Höhen: Schon kurz nach 1600 begannen die Preise für Tulpenzwiebeln rasant zu steigen. Französische Hofdamen zahlten Hunderte von Gulden für nur eine Tulpenblüte, die sie bei einem Galaball im Dekolleté trugen. 1623 kostete eine einzige Tulpenzwiebel der Sorte „Semper Augustus“ bis zu 1.000 Gulden, während das Jahreseinkommen durchschnittlich bei lediglich 150 Gulden lag.

Tulpenfeld mit Mühlen im Hintergrund

Als Tulpen sogar teurer als Häuser wurden, nahm die Katastrophe schnell Fahrt auf

In den 1630er-Jahren stiegen die Preise so stark an, dass manche Leute bereit waren, für nur einen Sack Tulpenzwiebeln so viel zu bezahlen wie für eine ganze Reihe Amsterdamer Grachtenhäuser und ein gewiefter Händler konnte 6.000 Gulden im Monat verdienen. Ab 1634 begannen Außenstehende, in den Handel einzusteigen, und es entwickelte sich eine Welle von Spekulationen. Einige Händler verkauften Zwiebeln, die gerade erst gepflanzt worden waren und die noch niemand in Blüte gesehen hatte. Dies führte zu Verträgen für zukünftige Lieferungen, vergleichbar mit den heutigen „Futures“. Das Phänomen nannte sich Windhandel und fand zumeist in speziellen Kollegien statt, die in Kneipen, Gasthöfen und anderen öffentlichen Gebäuden tagten. Der Verkauf erfolgte durch Versteigerung und die Kaufverträge, die auf Zetteln notiert waren, wurden für viel Geld weiterverkauft. Der Preis, der schließlich für eine Zwiebel gezahlt werden musste, wurde in der Regel nach ihrem Gewicht zum Zeitpunkt der Ernte berechnet. Dieser Handel war illegal, denn der Staat verboten den Verkauf von Gegenständen, die man nicht besaß. Neben dem Handel der Kollegien gab es auch öffentliche Versteigerungen von „pondsgoed“, wertlosen Tulpen ohne attraktive Farbmuster, die pfundweise an ahnungslose Käufer für extreme Summen verkauft wurden. Anfang 1637 wurden Tulpenzwiebeln bereits für mehr als das Zehnfache des Jahresgehalts eines erfahrenen Handwerkers verkauft.

Der Tulpentumult wurde auf typisch niederländische Art beigelegt: einvernehmlich

1636/7 waren in der Niederländischen Republik bis zu 5.000 Menschen im Tulpenhandel tätig, was etwa ein Prozent der damals erwerbstätigen Bevölkerung entsprach. Zu dieser Zeit wandte sich die von der strengen Arbeitsethik des Calvinismus geprägte öffentliche Meinung gegen die Spekulanten. Viele Bürger betrachteten die Spekulation als eine Form des Glücksspiels und damit als eine schwere Sünde. Es erschienen zahlreiche Flugblätter, die im deutlichen Ton vor diesen gottlosen Handelspraktiken warnten. Die Autoren waren der Meinung, dass die Blumenhändler die Religion aus Habgier vernachlässigten und sich der heidnischen Flora, der Blumengöttin aus der römischen Mythologie, unterwarfen. Die Pestepidemie, die damals in den Niederlanden wütete, wurde von vielen als Strafe Gottes für den völlig außer Kontrolle geratenen Tulpenhandel angesehen. Anfang Februar 1637 brach der Windhandel zuerst in Haarlem, Alkmaar und Utrecht und dann in ganz Holland zusammen. Es stellte sich bald heraus, dass die meisten Blumenhändler Tulpenzwiebeln, die ihnen nicht gehörten, an Käufer weiterverkauft hatten, die sie nicht bezahlen konnten. In der Presse schlugen gegenseitige Anschuldigungen für das Desaster hohe Wellen, viel Hohn und Spott über jetzt bankrotte Spekulanten machte sich Luft. Es gehörte aber auch scheinbar damals schon zu den kulturellen Niederlande Besonderheiten, dass soziale und ökonomische Konflikte möglichst rational sowie für alle Beteiligten zufriedenstellend gelöst wurden. Der Staat griff nicht in das verwickelte Geschehen ein, die Gerichte verweigerten Prozesse und bald wurden sämtliche Tulpenverträge annulliert.

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Tulpenfelder in den Niederlanden sind heute farbenfrohe Kulisse für alle Gäste

In den Jahren nach 1637 erholten sich die Preise für Tulpenzwiebeln wieder etwas, doch die irrwitzige Spekulation war endgültig vorbei. Seither und bis heute sind die Niederlande weltberühmt für ihre einzigartigen Zuchterfolge und eines der wichtigsten Exportländer für Tulpen und Tulpenzwiebeln. Traditionell findet jedes Frühjahr auf dem Keukenhof in Lisse eine Ausstellung mit Millionen von Tulpen statt, die vor allem von Touristen besucht wird. Viele ausländische Gäste besuchen auch in andere niederländische Regionen, um die dortigen Tulpenfelder zu sehen. Am bekanntesten sind die traditionellen Felder entlang der Dünen im Gebiet Südholland sowie diejenigen der westfriesischen Polder. Die größten Tulpenfelder befinden sich jedoch in Flevoland, insbesondere auf den über 2.000 Hektar Anbaufläche um Noordoostpolder. Ausgedehnte Tulpenfelder gibt es auch rund um die Gemeinden Anna Paulowna, Breezand und Julianadorp an der Spitze der Provinz Noord-Holland sowie auf der Insel Goeree-Overflakkee in der Provinz Südholland. In Limmen in Nordholland befindet sich mit der Stiftung „Hortus Bulborum“ zur Erhaltung historischer Kultursorten von Zwiebel- und Knollengewächsen auch die diesbezüglich weltweit größte Genbank. Deren Sammlung umfasst neben über 2.500 Tulpen- auch etwa 800 Narzissen- und 50 Krokus- sowie 120 Hyazinthen- und mehr als 20 Irisarten. Die älteste Sorte der Sammlung, die historische Tulpe „Duc van Tol“ in den Farben Rot und Gelb, wurde schon 1595 erstmals erwähnt.

Entdecke die längste und schönste Tulpenroute Hollands bei Noordoostpolder in Flevoland

Die erst ab 1942 per Deichbau und Entwässerung urbar gemachte Gemeinde und Region Noordoostpolder erstreckt sich auf 460 km² Fläche über den Norden der niederländischen Provinz Flevoland und zählt zurzeit annähernd 48.000 Einwohner. Das eingedeichte neue Land erwies sich schnell als besonders fruchtbar und gut geeignet für den Blumenzwiebel- und Tulpenanbau, auch andere Pflanzen gedeihen hier am vom Seewind gut geschützten Südostufer des IJsselmeers hervorragend. Die ersten großen Tulpenfelder in der Gegend wurden ab 1947 angelegt, heute sind fast die gesamte Umgebung von Noordoostpolder sowie große Teile Flevolands von endlos wirkenden Blumenzwiebelfeldern bedeckt. Jedes Jahr im Frühling verwandelt sich die Landschaft in ein malerisches sowie in sämtlichen Farben des Regenbogens leuchtendes Blütenmeer, das du bestens sowohl zu Fuß als auch mit dem Rad bewundern kannst. Besonders gut besucht wird das Gebiet während des alljährlichen Tulpenfestivals von Mitte April bis Anfang Mai, wenn entlang der über 100 Kilometer langen „Bollenroute“ bei Noordoostpolder viele Bauernhöfe sowie Zuchtbetriebe ihre Gärten und Tulpenfelder für interessierte Besucher öffnen. Eine empfehlenswerte Teilstrecke für eine entspannte Radtour am Vor- oder Nachmittag ist etwa die 19 Kilometer lange „Tuinenroute“, auf der du wunderbar blühende Tulpen in den teilnehmenden Gärten der Dörfer Bant und Espel besichtigen und fotografieren kannst.

Tulpen Festival 2021 musste wegen der Pandemie leider ausfallen

Wie auf der ganzen Welt mussten auch in den Niederlanden und Amsterdam aufgrund der Corona-Pandemie zahlreiche traditionsreiche Veranstaltungen mit viel Publikum abgesagt werden. Dies galt im geringeren Maße auch für das Tulpenfestival in Flevoland des letzten Jahres, welches nur mit stark eingeschränktem kulturellen Begleitprogramm sowie deutlich weniger Besuchern als üblich über die Bühne ging. Für Naturfreunde standen aber 2021 und stehen natürlich auch 2022 sehenswerte regionale Schutzgebiete wie Lepelaar- und Oostvaardersplassen bei Almere und Lelystad unweit von Amsterdam sowie Horsterwold bei Zeewolde für schöne Wanderungen zur Verfügung.

Tulpen Festival 2022 noch ist nicht klar, ob es stattfinden kann

Zurzeit hoffen die Stadtverwaltung sowie Veranstalter selbstverständlich noch, dass das traditionelle Tulpenfestival Amsterdam nach nunmehr fast drei Jahren Zwangspause 2022 endlich wieder wie gewohnt mit viel Publikum aus der ganzen Welt gefeiert werden kann. Ob und inwiefern diese Hoffnung allerdings in Erfüllung gehen wird können, ist angesichts der noch immer recht unberechenbaren Entwicklung der Pandemie bislang nicht sicher zu sagen. Sollte die weiter oben erwähnte römische Blütengöttin „Flora“ sich aber gesonnen und gnädig zeigen, fände die Festwoche vom 20. bis zum 24. April 2022 mit der großen Parade am 23. April statt. Wenn bis dahin alles wieder gut bzw. besser ist, empfehlen wir dir für deinen Aufenthalt in Amsterdam auch unbedingt einen Besuch des 2.200 m² großen Amsterdam Tulip Museum (Tulpenmuseum) im zentral gelegenen Stadtteil Jordaan in der Prinsengracht genau gegenüber dem berühmten Museum Anne-Frank-Haus.

Tulpen am Fluss
Hauptkategorie: Holland Urlaub
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